Am 15.05.2010 schrieb Christl Schemm einen interessanten Bericht in der Frankenpost über die Familie Gläßl und den Einfluβ dieser Familie in der Gastronomie in Oberfranken und auch bis nach Niederbayern. Dieser Artikel kann im Archiv der Frankenpost gefunden werden.
http://www.frankenpost.de/lokal/fichtelgebirge/wunsiedel/Acht-Kinder-und-das-Wirtshaus-Gen;art2460,1257265
Da dieser Artikel über zwei Jahre alt ist haben sich möglicherweise ein paar Sachen geändert, H.-G. wird bald darüber schreiben und es auf den neuesten Stand bringen.
Foto und Beschreibung vom Bericht in der Frankenpost.
Bei den Gläßls verderben viele Köche nicht den Brei. Unser Bild zeigt drei Generationen Köche-Dynastie (von links): Vater Helmut, Sohn Thomas, Tochter Heike, ihren Sohn Tobias, sowie die Söhne Holger, Uwe und Roland in der Küche des “Wirtshaus im Gut”. Foto: Hannes Bessermann
Falls der Artikel bei der Frankenpost nicht mehr zu finden ist habe ich hier ein Kopie gedruckt. Wir haben bei der Frankenpost um Erlaubnis nachgefragt diesen Artikel und das Foto zu kopieren und warten auf Antwort.
Acht Kinder und das Wirtshaus-Gen
Köche-Dynastie | Sieben der acht Töchter und Söhne von Helmut Gläßl sind in der Gastronomie tätig. Am Wochenende bekommt auch der einzige „Ausreißer“ die Schürze umgebunden.
Von Christl Schemm
Wunsiedel – Es gibt Familien, da werden bestimmte Merkmale weitervererbt: eine bestimmte Nasenform, die Veranlagung zum Bauchansatz oder der Hang zum frühen Haarausfall. Wehren kann man sich gegen solche Erbanlagen nicht. Schuld daran sind die Gene.
Bei der Familie Gläßl sind es nicht die breite Nase, der dicke Bauch oder die Glatze, die auf Vererbung schließen lassen. Bei den Gläßls ist es das Wirtshaus-Gen. Dieser familiären Vorbestimmung kommt bei der Gastronomen-Familie keiner aus.
Dass es den Vater Helmut gibt und seine Söhne Roland, Uwe und Thomas, die renommierte Gaststätten in der Region betreiben, ist den Feinschmeckern bekannt. Dass da insgesamt acht Geschwister sind, die bis auf eine Ausnahme allesamt ebenfalls hauptberuflich in der Gastronomie oder Hotelerie tätig sind, wissen nur “Insider”.
Die Keimzelle des Gläßl’schen Wirthaus-Clans ist das frühere “Schlössl” in Groschlattengrün. Diese urige Dorfwirtschaft betrieb Luis Gläßl, der Urgroßvater von Roland, Uwe und Thomas Gläßl, die gerade mit Gold- und Silberpreisen beim Wettbewerb “Bayerische Küche 2010 – regionale Spezialitäten genießen” ausgezeichnet worden sind (wir berichteten). Auch Großvater Willi Gläßl führte das “Schlössl” als Wirt und gab sein Wissen und seine Leidenschaft offensichtlich an Sohn Helmut und an die Enkel weiter. “Wir waren als Kinder oft beim Opa. Es gab immer Knackwürste”, erinnert sich Uwe Gläßl beim Gespräch mit der Frankenpost, bei dem drei Generationen durcheinanderwuseln und drauflosreden. “Wir sind praktisch im Schlössl aufgewachsenen und haben dort schon mitbekommen, was alles in einem Wirtshaus zu tun ist.”
In die Landwirtschaft
Das weiß auch Helmut Gläßl. Ihn kennen viele Gäste im Landkreis Wunsiedel vor allem aus dem Landgasthof in Stemmasgrün. Dort hatte der junge Helmut in eine Landwirtschaft eingeheiratet – zunächst ohne Gaststube. Doch es sollte nicht lange dauern, bis sich das Wirtshaus-Gen durchsetzte. Zuerst kamen Zimmer für “Urlaub auf dem Bauernhof” hinzu. Diese Gäste brauchten einen Frühstücksraum, der am Anfang im Wohnzimmer und später im alten Stall Platz fand. Bald wuchs er sich zur Gaststätte aus.
“Die Nachbarjungen und die Jäger merkten, dass da häufig hübsche junge Mädchen aus Berlin waren”, erinnert sich Helmut Gläßl. “Bei uns gab es immer Schlachtschüssel. Und so waren wir schnell ein öffentliches Wirtshaus.” In der ersten Zeit allerdings noch ohne Konzession – bis das Landratsamt aufmerksam wurde. “Doch nach einem Vierteljahr hatten wir alle Auflagen erfüllt und bekamen die Erlaubnis, eine Gaststätte zu betreiben.”
Wie schon zuvor ihr Vater im “Schlössl” sog im Landgasthof in Stemmasgrün die nächste Generation das Wissen und das Können auf, das zum erfolgreichen Betreiben einer Gaststätte nötig ist. “Wir haben es uns von den Alten abgeschaut, wie’s geht”, sagt Roland Gläßl. “Irgendeine Arbeit war immer zu erledigen, ob in der Landwirtschaft oder im Wirtshaus. Entweder es hieß: ,Geh’ aus dem Weg!’ oder ,Mach das und das’.”
Und so kam es, dass sieben der acht Kinder Helmut Gläßls in der gehobenen regionalen Gastronomie tätig sind: als Koch, als Metzger, im Hotelgewerbe und im Service. Der “Häuptling” der Geschwister ist Roland. Er ist mit 43 Jahren der Älteste und führt mit seiner Frau Margit das “Wirthaus im Gut” in Göpfersgrün bei Wunsiedel. Sein um ein Jahr jüngerer Bruder Uwe und dessen Frau Karin sind das Wirtsehepaar der “Stieglmühle” bei Waldershof. Die Nächste in der Reihe ist die 39-jährige Heike, die in Kirchdorf/Schlag in Niederbayern mit ihrem Mann Werner das “Hubertus-Stüberl” betreibt. Ihr Sohn Tobias trägt wiederum bereits die Kochmütze.
Mit Leidenschaft
Fünf Jahre jünger, aber wie seine Schwester und seine Brüder ein leidenschaftlicher Koch ist Thomas, mit seiner Frau Alexandra Chef der Bergbräu-Gastronomie in Arzberg. Holger ist mit 28 Jahren der jüngste in der Geschwisterreihe und Partner seines Vaters Helmut in der Gaststätte “Zum Flötztal” in Ahornberg bei Immenreuth.
Und da s ind dann noch drei weitere Geschwister, die zwar nicht selbst eine Gaststätte betreiben, aber selbstverständlich da sind, wenn sie gebraucht werden: Nicole, die “Springerin” im Service und in der Küche (“Die steht immer richtig, nämlich da, wo’s brennt”), Steffi, die Hotelfachfrau, und – als einziger “Ausreißer” – Ralf. Er ist Fliesenleger. Aber, so sagen die Geschwister, “am Wochenende bekommt er die Schürze um, wie wir alle anderen auch”.
Preise, eine zufriedene Kundschaft und regelrechte Fans, die meilenweit fahren, um in den Genuss des Essens aus Gläßl’schen Kochtöpfen zu kommen – was das Wirtshaus-Gen, das zum langfristigen Erfolg führt, letztlich ausmacht, können die Familienmitglieder nicht genau erklären. Ihren Schilderungen zufolge muss es eine Mischung sein: aus gutem Geschmack, einer besonderen Nase, der Fähigkeit, Stress auszuhalten, Spontanität, dem Gespür dafür, was die Gäste wollen, der Lust am Ausprobieren und Weiterentwickeln, dem Sinn für Wirtschaftlichkeit, große Leistungsbereitschaft und dem Willen zum Erfolg.
Und: “Man braucht unbedingt den richtigen Partner oder die richtige Partnerin”, sagt Uwe Gläßl. Sie müssten bereit sein, ebenfalls kräftig mit hinzulangen. “Unsere Bauer-Oma in Stemmasgrün hat alle erst einmal am Spültisch getestet”, scherzt Roland. “Ohne unsere Frauen wären wir nicht das, was wir jetzt sind.”
Ergänzung: Helmut Gläßl ist nun nicht mehr in Ahornberg, sondern betreibt nun mit seinen Kindern Nicole und Holger die bereits beschriebene Brauereigaststätte “Am Strand” in Marktredwitz.
H.-G. 18.7.2012